Keine staatliche Einmischung beim AVV

Offener Brief

an die Bürgermeister/innen und Stadt- und Kreisräte der Stadt Augsburg,
der Landkreise Augsburg, Aichach- Friedberg, Dillingen und Donauwörth.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die aktuellen Bemühungen des Freistaates Bayern, einen Gesellschaftsanteil am AVV zu erwerben, kommen nur scheinbar überraschend. Ausgelöst wurden sie durch einen Vorstoß der Vertreterin in Sachen Nahverkehr bei der Regierung von Schwaben Ende letzten Jahres.
Seither besucht Herr Fregin vom Wirtschaftsministerium eifrig die einschlägigen Referaten und politischen Gremien.

Nachdem der Freistaat bei Gründung des AVV in den 80er Jahren um keinen Preis als Gesellschafter mitmachen wollte, muß es neue, bedeutende Gründe für diesen plötzlichen Gesinnungswandel geben. Offiziell wird die neue Rolle als Aufgabenträger für den SPNV genannt. Doch die hat das Land schon viele Jahre, ohne dass es deshalb bislang schon bei uns Mitgesellschafter hätte werden wollen. Mit bezahlen will der Staat nicht, sondern nur mitreden. Was sind die Hintergründe dieser Aktion?

Dazu muss man wissen: Bei Gründung des AVV waren Schienenverkehr und Regiobusse noch vereint im Eigentum und der Zuständigkeit der DB. Nicht zuletzt durch tatkräftige Mitwirkung von Politikern aus Schwaben wurde der Bahnbus in kleine, regionale Einheiten aufgegliedert. Das geschah im ganzen Bundesgebiet. Aber nur in Schwaben erfolgte dann noch ein Verkauf des Busbetriebs an eine private Investorengruppe, übrigens zu günstigen Konditionen.

Es entstand ein fast flächendeckendes Gebietsmonopol, das Kartellamt hat dazu geschwiegen. Städte, die gerne selbst mitgemacht hätten, wurden auf nur unbedeutende Anteile beschränkt. Zuständig für den Busverkehr in Bayern war auf Seite des Staates damals Herr Dr. Zeiselmair.
Nach seiner Pensionierung wurde er dann Geschäftsführer bei genau diesem Omnibusunternehmen, der RBA.

Wenn der Staat sich am AVV beteiligt, dürfte der Nachfolger des Herrn Dr. Zeiselmair im Ministerium, Herr Fregin, den Vertreter in der Gesellschafterversammlung abgeben.
Was darf man bei der aufgezeigten Konstellation von ihm erwarten? Bekanntlich hat er sich gegen die Wiederöffnung der Bahnhaltepunkte in Biburg und Bärenkeller ausgesprochen. Beides Maßnahmen, die den Bussen Fahrgäste wegnehmen würden, weil es sich mit dem Zug trotz Umsteigens schneller und bequemer reist.

Damit sind wir auch schon beim Regio-Schienentakt, den man nach endlos verzögerter Gutachteritis versprochen hatte und der Bestandteil des Nahverkehrsplanes geworden ist. Ihn umzusetzen braucht es bekanntlich Geld um die notwendigen Investitionen im Schienennetz zu realisieren. Geschickt und wohl abgesprochen schieben sich seit Jahren Land und Bund die Rolle des Bezahlers zu ohne das bislang auch nur mit einer Planung begonnen worden wäre. Andererseits, gegen den Willen der örtlichen Mehrheit, sollten und sollen im Raum München Milliardenprojekte realisiert werden, wie Transrapid und aktuell die 2.-S-Bahnröhre (3 Milliarden). Die nur rund 50 Millionen, die unser Raum benötigt, sind dagegen zwar Peanuts aber dennoch nicht darstellbar.

Zwischenzeitlich spricht Minister Zeil nun vom Regio-Schienen-Rhythmus und nicht mehr vom Takt. Gemeint ist, dass die Züge nicht immer im selben durchgehenden Abstand verkehren, sondern mit unregelmäßigen Abfahrtszeiten. Bei nur zwei bis vier Zügen pro Stunde kann das Wartezeiten von mehr als 30 Minuten bedeuten. Anschlussfahrten mit Bussen werden so nahezu unmöglich, was die Buslobby als Erfolg feiern wird, kann sie doch so weiterhin parallel zur Schiene fahren.

Wirtschaftlich sinnvoll ist das für keinen der beiden Verkehrsträger: Bei der Schiene zahlt der Freistaat drauf, bei den Bussen die Region.

So muss befürchtet werden, dass Herr Fregin als Gesellschafter dann bereits im AVV versuchen wird, unsere Wünsche nach dem Taktverkehr auszubremsen. Damit spart er dem Staat Geld für Münchner- und Nürnberger Projekte und für den Raum Mühldorf. Gleichzeitig erhält er den Bus-unternehmern ihre bequemen Einnahmen aus dem AVV. Bezahlt wird dieses magere Angebot von den Kreisen und Städten, ausbaden tun es unsere Bürger durch hohe Fahrpreise und lange Reisezeiten. Der Raum Augsburg verliert so weiter an Attraktivität gegenüber anderen Regionen.

Dann gibt es da noch zwei weitere aktuelle Anlässe, weshalb der Freistaat möglicherweise ausgerechnet jetzt bei uns einsteigen will: die Fortschreibung des Gesamtverkehrsplanes und die Wahl eines/er neuen Geschäftsführers/in für den AVV.

  • Beim Nahverkehrsplan wird man versuchen, den bisher darin enthaltenen Standard für den Ausbau des Schienenverkehrs herunterzufahren und den Rhythmus einzuführen. Auch werden die unerwünschten Haltepunkte aus dem Plan verschwinden, ihren Ausbau hat man ja schon bisher verhindern können.
  • Bei der Besetzung der Geschäftsführung wird der Staat seinen Anteil dazu benutzen, jemanden zu etablieren, der bereit ist, diese Vorgaben zu erfüllen. Es gibt dabei sogar schon die anscheinend recht konkrete Befürchtung, dass bereits eine passende staatliche Beamtin für diese Aufgabe auserkoren worden sein könnte.

Der Verdacht liegt nahe, dass das Land Bayern hier nur einsteigen will, um die lästigen Vorstellungen unseres Raumes von einem zeitgemäßen Öffentlichen Nahverkehr unter der Decke zu halten.

Augsburg den 18.03.2010
V. Schafitel, 1. Vorsitzender Architekturforum Augsburg e.V.
Initiator der Initiative Bahnverkehr Augsburg/Schwaben IBAS

1 Kommentar

  1. Fugger-Express und Regio-Schienentakt - Seite 100 - Augsburger Allgemeine Community sagt:

    […] staatliche Einmischung am AVV Der Freistaat dr

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