BPlan 900: Augsburg bleibt die Luft weg!

Das ist der Werkstoff für dessen Zukunft im Süden Augsburgs ein Forschungs und Entwicklungszentrum gebaut werden soll, für 5000 Ingenieure, bzw. bachelors oder masters. Mit dem Werkstoff Carbon will Augsburg nach einem halben Jahrhundert “Pause” seine Industriegeschichte fortschreiben. Hierfür entsteht ein neuer Stadtteil im Süden der Stadt auf ökologisch wertvollen Flächen.   

 

 

Perspektive Innovationspark Augsburg

Perspektive Innovationspark Augsburg

Mit großem Ehrgeiz, klammen Kassen und geringer Professionalität wird derzeit ein Gewerbegebiet südl. und westl. der Uni entwickelt, welches zuerst „Technologie-Park “, dann „ Engineering – Campus “, dann “Bayerischen Zentrum für Ressourceneffizienz”, dann „ Science – Park ” und zuletzt „ Innovations – Park “, getauft wurde.

Im Bauausschuss am 20.Jan.2011 wurde nun der dazu entworfene B-Plan 900 erstmals präsentiert.

Schon im Ausgleichsflächenkonzept des Amtes für Grünordnung und Naturschutz konnte der notwendige Verschlechterungsausgleich für den BPlan 900 nicht nachgewiesen werden. Insbesondere werden Verschlechterungen des Wasserhaushalts (Versickerung und Verdunstung) sowie der Frischluftversorgung für das gesamte Stadtgebiet nicht ausgeglichen.  

Stellungnahme des Amtes für Grünordnung und Naturschutz

Die CEF findet europaweit Anwendung als continuous ecological functionality-measures und muss zwingend beachtet werden. Die gesetzliche Grundlage in Deutschland hierfür ergibt sich aus dem § 44 Absatz 5 in Verbindung mit § 15 des Bundesnaturschutzgesetz  (Eingriffsregelung). Darin wird insbesondere auch der Ausgleich gefordert, der durch Überbauung landwirtschaftlich genutzter Flächen notwendig ist.

So wurde auf die Einwendung des Gesundheitsamtes (C, Seite 27), dass die Entwicklungsmaßnahme keine negativen Auswirkungen auf die Innenstadt haben dürfe, lediglich auf die geringen klimatischen Veränderungen im Plangebiet verwiesen ohne Rücksicht auf das Stadtklima! Gleiches gilt für die Einwendung der Naturschutzallianz!

Die Bewertung „Schutzgut Mensch” wird somit ohne Rücksicht auf das gesamte Stadtklima nur für das Plangebiet vorgenommen obwohl klar ist, dass das Plangebiet für Kaltluftentwicklung und Frischluftversorgung des gesamten Stadtgebiet sorgt. 

Das Masterplankonzept von Kees Christiaansee schlägt die Entwicklung des Gebietes in abgeschlossenen Etappen vor. Hierfür hält er Agrarstreifen zwischen den Baufeldern frei, die weiterhin der Agrarnutzung unterliegen können und für den Frischlufteinzug von Westen in den S-N-Korridor sorgen.  

Eine Überbauung dieser Streifen erfolgt entsprechend der Nachfrage erst dann, wenn die anderen Baufelder ganz besiedelt sind. Dadurch soll sicher gestellt werden, dass bei geringen Marktinteresse keine unnötige Zersiedlung wertvoller Agrarflächen erfolgt. Die Abfolge der Bebauungsphasen wurde von KCAP vorgegeben und muss im BPlan festgelegt werden. 

Augsburger Hochtrasse

Augsburger Hochtrasse

Gleiches gilt für die Zerstörung landwirtschaftlich hochwertiger Flächen (Wertzahl 79) auf der Hochtrasse des Planungsgebietes (westl. der grün gestrichelten Linie). Großzügige Lücken zwischen den Baufeldern, die weiterhin der Agrarnutzung unterliegen, und für den Frischlufteinzug von Westen in den S-N-Korridor sorgen sollten nicht überplant werden – zu Gunsten von „Schutzgut Mensch”!  

 Entwursmodell Kees Christiaanse

Entwursmodell Kees Christiaanse

B-Plan 900 mit Überplanung der Etappierungsstreifen (dunkelgrün) und des Frischluftkorridors in die Innenstadt (hellgrün).

BPlan 900

BPlan 900

Kreisverkehr Hugo-Eckner-Straße

Die Planung des Kreisverkehrs an der Kreuzung Hugo-Eckner-Straße / Bgm-Ulrich-Straße ist unwirtschaftlich und kostet mit Erschließungsbügel 2 Mio €. Obwohl laut Beschlussvorlage Punkt 2 dieser Knoten in den Umgriff des BPlan900 aufgenommen werden soll, liegt hierüber ein eigener Projekt- Beschluss (Top 5 – 10/00621) vor. Neben dem Konfliktpunkt der Tramkreuzung kurz vor Einfahrt in den Kreisverkehr (Sichtbehinderung, Fällung, Rückstau, ÖPNV-Behinderung) ist der Knoten für die Erschließung des Gebietes nicht geeignet, da der gesamte Verkehr so durch Wohngebiete geleitet wird. Besser ist, das Gebiet ausschließlich von Süden über EINE Kreuzung an der Bgm.-Ulrich-Straße zu erschließen die ohnehin gebaut werden muss.

Kreisverkehr Hugo-Eckner-Straße

Kreisverkehr Hugo-Eckner-Straße

Die Dimension dieses Kreisverkehrs wird damit begründet, dass Schwertransporte ihn durchfahren müssen, da auf dem Gebiet auch Produktion stattfinden soll. Ziel des Plankonzepts (II S.5) ist die Nutzung Forschung und Entwicklung, wissenschaftsnahe Dienstleistungen, Nullserienproduktion, Wohnen, Hotel,und Schulen. Diese Nutzung verursacht aber keinen Schwerlastverkehr!

Stadtklima – Kaltluftentwicklung – Frischluftschneise

Auch die unter Punkt II beschriebene Grünvernetzung mit den angrenzenden Stadtgebieten, wie es der Masterplan vorsieht, wurde im BPlan900 nicht realisiert. Die „Kaltluftschneise” im Süden orientiert sich an den Tramradien, die ohnehin von der Bebauung freigehalten werden müssen. (III S. 6) Die Hochtrasse gilt nach dem Gutachten von Dr. Otto Hiller aus dem Jahr 1990 als Kaltluftentwicklungsgebiet welches in die bereits gestörte Frischluftschneise für das Innenstadtgebiet entlang der Hangkante mündet. Der Masterplan geht darauf mit einem “Etappierungskonzept“. Demnach sollen Agrarflächenstreifen die diese Schneise mit Frischluft aus Westen versorgen, je nach Nachfrage von der Bebauung freigehalten werden. Bei entsprechender Nachfrage stehen sie für den Frischlufteintrag aus Westen nicht mehr zur Verfügung.

Ausgleichsflächen im Singoldtal oder hinter den südlichen Gewerbegebieten sind weder Ersatz für wertvolle Agrarflächen noch ersetzen sie die Kaltluftbildung und Frischluftversorgung der Innenstadt, weil sie keine Verbindung zur Frischluftschneise haben.

Das übergeordnete Hillergutachten kann nicht durch die stadtklimatologische Begutachtung des Lehrstuhls für Physische Geographie der Uni Augsburg vom Oktober 2009 ersetzt werden, da dieses Gutachten nur die Beeinträchtigung in unmittelbarer Umgebung des Plangebiets Innovationspark behandelt und selbst da von „moderaten Beeinträchtigungen” spricht. Von großzügigen Korridoren für die Aufrechterhaltung der Frischluftversorgung der Innenstadt kann angesichts der Baudichte nicht gesprochen werden. 

Weiter stellt sich die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage derzeit aktuell bereits laufende Ansiedlung von Forschungseinrichtungen der Frauenhofergesellschaft basiert, wo das Bauleitverfahren noch nicht abgeschlossen ist und auch die öffentliche Beteiligung nicht erfolgt ist (Punkt 2)! Insbesondere löst gerade diese Baumaßnahme eine Umgrifferweiterung des Bplans nach Süden aus!

Zusammenfassung

Zusammenfassend für die erste Bewertung des B-Plans 900 in der vorliegenden Form müssen einige Fragen bereits im Vorfeld der Auslegung geklärt werden, da bekannter Weise die meisten Einwendungen „abgewürdigt” werden und die Änderungen, die eine erneute Auslegung erfordern aus Zeitgründen entfallen.

  • Die Frischluftschneise S-N (hellgrüne Schraffur) sollte dauerhaft von der Bebauung freigehalten und planungsrechtlich bis ins Stadtgebiet nachhaltig gesichert werden.
  • Die im Masterplan festgelegten Erschließungsphasen 1-4 mit Agrarstreifen als Reservierungsfläche sind in den B-Plan zu aufzunehmen. 
  • Das Baufenster an der oberen/vorderen Osthangkante der Hochtrasse, westlich der Universitätsstraße muss zurückgenommen werden.
  • Die Uni-Seen werden aus einer natürlichen Quelle aus der Hochtrasse (westl. Baufeld) gespeist. Durch die Bebauung der Hochtrasse besteht die Gefahr, dass dem natürlichen Zulauf das Wasser abgegraben wird und die Seen austrocknen.
  • Der Kreisverkehrknoten kann nicht außerhalb des B-Plans beschlossen werden, da er zur Erschließung des Plangebietes dient.
  • Die Trambahnlinie (3) muss mit einer Baumreihe entlang der Haupterschließungsachse zur Straße abgegrenzt werden.
  • Die privaten und öffentlichen Tramgleisüberfahrungen entlang der Haupterschließung nach Osten müssen reduziert werden!
  • Die Linie 3 erhält keine Haltestelle an der Impulsarena und keinen Anschluss an die  Wendeschleife!

Nachdem ohnehin die Entwicklung des Industriegebietes sehr mühsam vorankommt und nur durch Investitionen der Stadt (Technologiepark) und staatlichen Förderungen in Millionenhöhe auf den Weg gebracht werden kann, wird angeregt, vorab nur die minderwertigen Agrarflächen der Tieftrasse für eine Bebauung freizugeben und die Hochtrasse vorerst von der Bebauung freizuhalten bzw, noch nicht einer Bebauung zu widmen. Dies hat zur Folge, dass wertvolle Anbaugebiete gegebenenfalls nicht einer zögernden und stockenden Industrieentwicklung geopfert werden.

Unter behutsamter Weiterentwicklung des Masterplans von Kees Christiaanse, gewissenhafter statt trickreicher Erfüllung der Ausgleichsmaßnahmen und strikter Einhaltung der Nutzungseinschränkung auf Forschung und Entwicklung (Null Produktion, Null Emmission) könnte unter Auflage energetischer Bauweise und gesicherter Architekturqualität ein wertvolles Stadtviertel entstehen.

Der vorliegende B-Plan 900 erfüllt diese Anforderungen noch nicht! 

—————Volker Schafitel, Architekt

 

 

1 Kommentar

  1. Rettet die schnelle Linie 3! - Augsburger Allgemeine Community sagt:

    […] sollen, k

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