Fliesen statt Pflaster

Zuerst die Gute Nachricht: 15 Jahre nach einem europäischen Wettbewerb im Jahre 1997 und 8 Jahre nach FIA (Forum Augsburg Innenstadt) 2004 wird, infolge eines Bürgerbegehrens 2010 (12.000 gültige Unterschriften), welches die Stadtregierung für juristisch ungültig erklärt hat, die Maximilianstraße 2011 – 20XX saniert!

Nun die schlechte Nachricht: Die Plattenverlegung auf dem Gehweg erfolgt mehr nach Fliesenleger- als nach Pflasterbaurichtlinien!

Nachdem die 2011 neu verlegten Gehwege den ersten Regen abbekommen hatten, präsentierte sich im März 2012 ein wildes Fleckenmuster mit Hell-Dunkelkontrasten und Ausblühungsflecken. Unsere Hinweise, dass hier irgendetwas (Plattenmaterial, Unterbau) nicht stimmen könnte, wurden ignoriert. Erst als wir damit in die Öffentlichkeit und an die Medien gingen, kam Bewegung in die Sache.   

 

Fleckiger Plattenbelag vor den Fuggerhäusern

Fleckiger Plattenbelag vor den Fuggerhäusern

 

Das ist aber nicht das Thema dieses Beitrages, sondern wir haben uns im Zusammenhang mit den Flecken auch allgemein mit der Ausführung der Arbeiten befasst und festgestellt, dass es ein großes Qualitätsgefälle gibt zwischen der Gehwegsanierung vor 15 Jahren in der kurzen Maxstraße und der aktuellen Bauausführung die 2011 begann und 20XX enden soll.

Schon während der Arbeiten konnte man das Chaos auf der Baustelle feststellen. Der Umgang mit Straßenschildern und gutem Stadtmobiliar war rüde und aufgeräumt war die Baustelle nie!  

 

Chaos auf der Baustelle Maximilianstraße

Chaos auf der Baustelle Maximilianstraße

 

Wir haben uns gefragt, wie man in diesem Verhau überhaupt sauber und ordentlich arbeiten kann.

Den Bauleiter und die ausführende Firma hat das offenbar nicht weiter gestört. Das Ergebnis dieser „Baustelle” war, dass immer wieder Zuleitungen für Laternen, Anschlusskästen usw. vergessen wurden (scheinbar gab es keine Pläne) und an vielen Stellen bereits verlegtes Pflaster samt Unterbau wieder ausgebaut werden musste (wir haben das dokumentiert)!

Vielleicht rührt daher das fleckige Pflasterbild und vielleicht liegt da der Grund des Schweigens aller Behörden. Zum einen soll das bauleitende Ingenieurbüro mit dem Leiter des Tiefbauamts persönlich befreundet sein und zum anderen hat wohl die Stadtwerke selbst nachträglich Aufbrecharbeiten zu verantworten. Da tut man sich mit Gewährleistungsforderungen bekanntermaßen schwer.

Aber auch die Ausführungsart, deren Festlegung im Baureferat und bei den Planern getroffen wird , hat mehr mit einer Fliesenlegerarbeit zu tun als mit einer fachlich richtigen Pflasterarbeit.

Dabei wäre es für die Verantwortlichen ein leichtes gewesen, die richtige Ausführung zu finden. Wenn der Baureferent seine Behörde auf die Maxstraße verlässt oder von seiner Dachterrasse über „sein Augsburg” blickt, dann sieht er die Pflasterarbeiten die unter seinen Vorgängern fachlich richtig durchgeführt wurden. Man hätte es nur dem Amtsvorgänger nachmachen müssen und alles wäre gut!

Davon abgesehen, dass der neue Belag weder in der Oberfläche (gestockt statt kugelgestrahlt) noch in seiner Herkunft (Portugal statt Bayernwald) übereinstimmt, fällt auf, dass auch die Verlegeart nach dem Apothekergässchen vom bisherigen Halbverband auf einen Drittelverband wechselt. 
Besonders augenfällig ist die unterschiedliche Fugenbreite. Während der Alte Belag eine deutliche Fuge hat, ist der neue Belag fast knirsch aneinandergeklebt, wie eine Fliese.
Wenn man die Verschmutzung der Oberflächen vergleicht wird einem klar, weshalb die Vorgänger eine kugelgestrahlte Oberflächenbearbeitung gewählt haben. Schon heute sieht der 6-Monate alte Belag schmuddeliger aus als der Alte, der schon 15 Jahre liegt.

Beim Alten Pflaster wurden die Gebäudeanschlüsse mit Kleinpflastersteinen ausgeführt und bis heute darauf geachtet, dass bei Reparaturen der passende Pflasterstein verwendet wird. Der Neue Belag wurde an die Gebäudewand angeflext.

Auch der Anschluss an Straßenlaternen erfolgt mit der Flex statt mit Kleinpflastersteinen.

Mit Liebe zum Detail wurden vor 15 Jahren selbst die Gullys in Belag und Rinnen integriert.
Die neue Ausführung ist lieblos und der Fugenschnitt willkürlich ausgeklinkt.
Besonders an diesem Beispiel ist der damalige historische Bezug zur handwerklichen Ausführung zu erkennen, während heute das Detail primitiv mit der Flex gelöst wurde.

Selbst bei technischen Revisionsschächten wurde vor 15 Jahren der Einbau mit einem Pflasterdetail gelöst, während sich der neue Deckel ohne Rücksicht in den Belag einfräst.

Gleichgültig um welches Detail es sich handelt spürt man, dass vor 15 Jahren noch mit viel Gespür, Fachkenntnis, historischer Rücksichtnahme an unserem Stadtbild gearbeitet wurde, während heute eine oberflächliche und unsachgemäße Ausführung mit Primitivlösungen praktiziert wird. Die Fachleute von damals schütteln den Kopf vor so wenig Sachverstand und Elias Holl würde sich im Grabe umdrehen.

Jede Bauausführung kostet Geld der Bürger und man kann es gut oder schlecht machen. Derzeit hat die schnelle Billiglösung Konjunktur, die in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Ergebnisse präsentieren will. Ob diese auch gut sind, ist zweitrangig.

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Aufhebung der Ausschreibung durch H. Merkle (Baureferent)

Teil 2: Plattenaustausch am 23.07.2012

Am 23.07.2012 wurde damit begonnen, auf den westlichen Gehwegen der Maximilianstraße Platten auszutauschen. Zuvor wurden die Tauschplatten mit einem roten Kreidekreuz markiert, dabei fiel auf, dass es Fleckenplatten gibt, die nicht markiert wurden. Willkür statt System?

 

Willkürlich markierte Tauschplatten

Willkürlich markierte Tauschplatten

 

Gegen 15:00 waren auf dem kurzen Stück zwischen Apothekergässchen und 3 Mohren wurden bereits ca. 80 Platten ausgetauscht. Mit 50 Platten, wie angekündigt, wird es wohl nichts!

 

Palette mit 80 ausgetauschten Platten vor Hotel 3 Mohren

Palette mit 80 ausgetauschten Platten vor Hotel 3 Mohren

 

Der Baureferent rechnet bereits damit, dass im Frühjahr 2013 weitere 300m2 Platten getauscht werden müssen. Das entspricht einer Stückzahl von knapp 3000 Stck.

Jetzt wird es erst mal spannend, wie sich die Neuen Platten verhalten und ob sie sich dem Schmuddeldesign der alten anpassen werden. Wir werden das weitere Vorgehen beobachten!

Plattentausch-23.07.12

AZ-28.07.2012-Ende des Fleckenteppichs?

Teil 3: Die Flecken kommen wieder – 04.08.2012

Nachdem am 23.07.2012 – 80 der fleckigen Platten auf dem westlichen Gehweg der Maximilianstraße ausgetauscht wurden, zeigen sich auf den Tauschplatten erneut die bekannten und unbeliebten Flecken.

 

Neue Platte mit "Flecken-Ausschlag" am 04.08.2012

Neue Platte mit Fleckenausschlag am 04.08.2012

 

Wie eine ansteckende Krankheit springt der „Ausschlag” auf die neuen Platten über.

 

Neue Platten mit Fleckenausschlag - 04.08.2012.

Neue Platten mit Fleckenausschlag - 04.08.2012.

 

Wie man hört, soll das Sachverständigengutachten miserabel ausgefallen sein und dem Belag ganz schlechte Noten erteilt haben. Die offizielle Meldung des Baureferats klingt zwar anders aber die Wirklichkeit bestätigt das. Das Gutachten ist natürlich geheim!

Neue Platten mit Fleckenausschlag -04.08.2012

Fleckenkrankheit Maxstraße im “Überblick” 04.08.2012

Teil 4: O/W-Gefälle – Belag auf der Ostseite 08.08.2012

Der Ostgehweg der Maximilianstraße wird derzeit mit einer anderen Granitplatte eines anderen Lieferanten aus einem anderen portugiesischen Steinbruch verlegt als der Westgehweg. Offenbar hat das Gutachten ein Ergebnis gebracht, welches die Bauverwaltung zu diesem Schritt veranlasst hat, sonst wäre wohl weiter der gleiche Stein wie auf der Westseite verlegt worden.  

Der Plattenbelag auf der Ostseite entspricht dem, den die Stadt Schwabmünchen nach „intensiver Materialprüfung” (so der dortige Baureferent) für die Neugestaltung ihres Zentrums ausgewählt hat. Der Belag in Schwabmünchen liegt seit 2 Jahren. Er entspricht planerisch und in der handwerklichen Ausführung dem, in unserer kurzen Maxstraße und weitgehend auch der aufgehobenen Ausschreibung.

Er hat nicht die Mängel (Flecken) wie der Stein auf dem westlichen Gehweg der Maximilianstraße in Augsburg, wie man in Schwabmünchen besichtigen kann! “Schwabmünchen hat damit kein Problem“, so unser Baureferent kürzlich in der AZ.Es scheint, als hat man sich beim Kollegen aus der kleinen Nachbarstadt fachlichen Rat eingeholt, um nun die Ostseite der Maximilianstraße in Schwabmünchener Qualität zu bauen.

Wenn, wie alle hoffen, die Qualität der bisher auf der Ostseite der Maximilianstraße verlegten Platten so gut bleibt wie in Schwabmünchen, stellt sich die Frage, ob es in Augsburg künftig eine gute (Ost) und eine schlechte (West) Maximilianstraßenseite geben wird – sozusagen ein Ost-West-Gefälle!

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Presseschau 12.08.20012

Teil 5: Das Gutachten – 24.08.2012

Im Ferienausschuss am 23.08.2012 erläuterte der Bausachverständige Burgetsmeier das Gutachten, welches er im Auftrag der Stadt über den neu verlegten und fleckigen Plattenbelag in der Maximilianstraße gefertigt hat.

Die Erläuterung und die Antworten auf gezielte Fragen der SPD-Fraktion ergaben folgendes:

1. Es liegt ein Baumangel und ein optischer Mangel vor
2. Ca. 30% der verlegten Platten sind mangelhaft (ca. 2700 Stck.)
3. Ursache der Feuchtigkeitsflecken ist ein zu hoher Wasseraufnahmewert der Platten
4. Aus Sicht des Sachverständigen ist niemand schuld und keiner verantwortlich
5. Aus Sicht des Sachverständigen liegt das Problem an den „Augsburger Meckerern”

Weitere Erkenntnisse kann man aus den Äußerungen des Sachverständigen gewinnen:

Steinmaterial – Steinbruch

Der Sachverständige hat ausgeführt, dass das Fleckenproblem bei jedem Granit auftritt, unabhängig von Steinbruch und Herkunftsort, so auch bei Flossenbürger Granit (Bayernwald).

Laut den Prüfzeugnissen der Flossenbürger Granite haben diese einen Wasseraufnahmewert von 0,3%. Die portugiesischen Granite erreichen diesen Wert vielleicht bei Probewürfeln, nicht aber durchgehend in großen Flächen. Die Wasseraufnahmefähigkeit bei Portugalgraniten liegen um 1,0%. Damit sind diese Granite in der Fläche nicht dauerhaft frostbeständig.

Die Aussage des Sachverständigen im Stadtrat ist somit nicht richtig!

Die gestockte Oberfläche der neuen Platte hat nach Aussage des Sachverständigen eine rauere und tiefere Struktur als die „wellig” kugelgestrahlte. Daraus kann man schließen, dass sich dort der Schmutz länger hält als bei der kugelgestrahlten Oberfläche.

Lt. Aussage des Sachverständige war der Plattenbelag „witterungsbeständig” ausgeschrieben Diesen Begriff gibt es in der EN nicht und er wurde in der Ausschreibung auch nicht verwendet.

In der Ausschreibung war auch eine beidseitig kugelgestrahlte Oberfläche gefordert. Eine kugelgestrahlte Unterseite hat den Vorteil, dass die Platte mit dem Splittbett einen besseren Verbund bildet. Frei vergeben wurde nur eine oberseitig gestockte Oberfläche!

Die Ausschreibung enthielt folgende technische Anforderungen:

Frostbeständigkeit nach DIN EN 12371 – Druckfestigkeit nach DIN EN 1926 > 100 MPa

Abgesehen davon, dass die Ausschreibung vom Referenten aufgehoben wurde und nicht bekannt ist, nach welchen Kriterien der Auftrag an die Fa. Leitenmeier frei vergeben wurde, sind die technischen Anforderungen an Granite nach der Euronorm unabhängig der Frostbeständigkeit genau festgelegt. Dabei beschreibt der Nachweis der Forstbeständigkeit auf Grundlage dieser Werte lediglich das Verfahren, wie ein Stein Frost und Nässe im Prüfverfahren ausgesetzt wird, um die EN 1237 zu erfüllen. Voraussetzung für die Eignung der Platten sind immer die technischen Materialwerte, die nach den europäischen Prüfnormen bei Granit wie folgt festgelegt sind:

· Wasseraufnahme nach EN 1925: < 0,32 Gewichtsprozent
· Druckfestigkeit nach EN 1926: > 160 N / mm²
· Biegezugfestigkeit nach EN 12372: > 13 N / mm²
· Abrieb nach EN 14231: < 6,5 cm³
· Frostbeständigkeit nach EN 12371
· Salzbeständigkeit nach EN 12370
· Reindichte, Rohdichte nach EN 1936: 2800 kg/m³

(http://de.wikipedia.org/wiki/Granit)

Demnach wurde bei der ursprüngliche Ausschreibung zwar Frostbeständigkeit nach EN 12371 gefordert aber eine zu geringe Druckfestigkeit, nämlich nur 100 MPa! Auch die Salzbeständigkeit wurde nicht gefordert genauso wenig wie die Rohdichte!

Die Qualität des Flossenbürger Granits

In seinem gesamten Auftritt äußerte sich der Sachverständige ziemlich hemdsärmelig zur Qualität des ursprünglich ausgeschriebenen Plattenmaterials „Flossenbürger Granit” und stellte dieses Material auf die selbe Qualitätsstufe wie portugiesischen oder gar chinesischen Granit. Tatsache ist aber, und das ist auch der Grund, weshalb Augsburg bisher vom Fleckenfieber auf Plattenbelägen verschont blieb, dass das bisher in Augsburg verlegte Steinmaterial aus dem Bayerwald kam und diese Granite weit bessere Werte aufweisen, als portugiesisches Material.

Die Frostbeständigkeit ist erst bei einer Wasseraufnahmefähigkeit ab 0,5% gegeben. Dieser Wert war in der Ausschreibung gar nicht gefordert. Der Flossenbürger Granit hat von Haus aus nur 0,3% Wasseraufnahmefähigkeit. Entsprechend hoch ist die Druckfestigkeit des Materials, die in direktem Zusammenhang mit der Wasseraufnahmefähigkeit steht.

Um zu vermeiden, dass der Stein aus dem Untergrund Feuchtigkeit aufnimmt, kann er auf der Unterseite mit Isolierflüssigkeit eingestrichen werden. So wird das mittlerweile in der Fußgängerzone praktiziert, wo übrigens auch Steinmaterial aus dem Bayernwald verlegt wird – obwohl er etwas teurer ist als der aus Portugal. Dort wollte man sich das leisten – nicht so in der Maximilianstraße!

Auch die Stadt Reutlingen hat ihre Erfahrungen mit 5000 m2 portugiesischem Granit in der Innenstadt gemacht, auf dem mittlerweile grüne Algen wachsen. Die folgenden 20.000 m2 die jetzt zur Neuverlegung anstehen werden voraussichtlich mit Flossenbürger Granit verlegt obwohl das Angebot um ca. 10% über dem Portugalgranit liegt.

Zusammenfassung:

  • Wichtige technische Steinwerte waren in der Ausschreibung nicht – bzw. zu gering 
    Werte waren gefordert, die eine mangelfreie Ausführung nicht sicherstellen.
  • Es ist unklar nach welchen Kriterien der Vertrag an die Fa. Leitenmeier frei vergeben wurde.
  • Das Abenteuer der FREIEN VERGABE an einen billigen Steinanbieter ging schief
  • Man sucht möglichst erfolglos nach einem Schuldigen – D.h. Mehrkosten tragen die Anlieger!

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AZ – 24.08.2012 – Das mängelbehaftete Pflaster

V. Schafitel, 1.Vorsitzender

1 Kommentar

  1. ericsen sagt:

    ..mir gefällt persönlich übrigens die Verlegung ohne kleinteilige Pflastersteine deutlich besser. Es wirkt harmonischer und “aus einem Guss” wenn bis an alle Kanten die gleichen großen Pflastersteine verlegt sind. Ebenfalls gefallen mir die sehr schmalen Fugen besser, es wirkt ebenfalls harmonischer, die Oberfläche glatter.

    Die Flecken sind natürlich ärgerlich, sie stören mich insofern nicht als dass ich so genau selten auf den Boden schaue und die Gehwege anderswo in der Stadt ganz anders “beinander” sind. Aber neu und teuer verlegtes Pflaster darf so natürlich nicht ausschauen.