Der Kanal (1-Fällung) Juni/18

Industriekanäle durchziehen das Textilviertel in Augsburg als Blaue und Grüne Adern. Sie werden gesäumt von großen Bäumen, die dort vor über 60 Jahren angepflanzt wurden. Sie sind Lebensraum für Tiere und Erholungsraum für Menschen,seit Jahrzehnten, mitten in deren Wohngebiet. Sie sind aber auch Denkmale der Industrialisierung und identitätsstiftende Orte im Stadtviertel.

Susanne A. wohnt direkt neben dem Kanal. Sie sieht die zweistämmige kergesunde Esche die am Kanal steht … noch. Am kommenden Montag wird sie gefällt. Um Gefahr für Leib und Leben der Anwohner abzuwenden, wie es heißt.

Sie könnte heulen. Wie bei vielen im Viertel vermischt sich Wut und Traurigkeit. Wut auf die Ämter und die Stadtregierung, die ihr Viertel zerstören, Traurigkeit, weil dem Ort, den sie so liebt, an dem sie so gerne lebt, mit den großen alten Bäumen die Anmut und das Einzigartige und das Gewohnte genommen wird.

Die Kanalwände sind aus Beton, vermost durch das Lechwasser. Ab und zu hängt eine Edelstahlleiter ins Wasser… damit man rauskommt, wie es heißt, nicht um ins Wasser zu kommen. Auf beiden Seiten des Kanals wurden ehmals Böschungen aufgehäuft. Auf einer Seite läuft ein Asphaltweg. Dahinter wieder hohe Bäume zum angrenzenden Wohnviertel. An die andere Kanalseite grenzt eine Kleingartenanlage mit dichten Hecken.

Auf der Böschung wächst Gras und Unkraut, kein Rasen. Man kann dort ganze Tage verbringen, mit dem Rücken am Baum und einem Buch auf dem Schoß. Zwischendurch kann man 200 Meer kanalaufwärts laufen und sich mit der starken Strömung unter den Bäumen heruntertreiben lassen.

In den Kleingärten gibt es eine Gartenwirtschaft. Dort treffen sich die Menschen aus dem Viertel wenn sie nicht den Kanal herunterkommen und für einen kleinen Ratsch auf dem Badetuch aus dem Wasser klettern.

Der Platz ist nicht schick und edel. Er ist auch keinem genialen Planer zu verdanken. Wie er gewachsen ist, wurde er zur Heimat. Und er wird geliebt.

Da beginnen sich im Frühjahr 2018 die Behörden und Ämter der Stadt um den Kanal anzunehmen. Es werden Din-Normen und Merkblätter zitiert aus denen angeblich hervorgeht, dass der 60-jährige Baumbestand am Ufer eine Gefahr für Leib und Leben der Anwohner ist und daher 96 gesunde große Bäume entlang des Kanals gefällt werden müssen.

Die Politik formuliert einen umfangreichen Fragenkatalog an die Ämter, mit dem Ziel, die Fällung zu umgehen oder zu minimieren. Punkt für Punkt werden die Fragen beantwortet, aber es bleibt dabei: Alle Bäume müssen weg.

Eine OB-Verfügung am 10. April 2018 an das Aamt für Grünordnung macht unmissveständlich klar: Gefahr in Verzug! Die Fällung duldet keinen Aufschub.

Die Menschen im Viertel sind entsetzt, zumal sie eine Bedrohung durch Bäume und Kanal bisher weder wahrgenommen haben noch darauf hingewiesen wurden. Ein jahrzehntelanges Versäumnis, so die Ämter.
Nachdem sich die lähmende Fassungslosigkeit gelegt hat, formiert sich im Viertel Widerstand. Es werden Unterschriften gesammelt, Hilferufe an Politiker versandt, in die sozialen Medien gepostet. Aber nichts kann die Stadtregierung, obwohl dort Grüne kooperieren und der Umweltreferent selbst Grüner ist, von ihren Vorhaben abbringen.

Ende Mai 2018 überschlagen sich die Ereignisse. Am Samstag 19.5.2018 wurde wegen Unwetterwarnung um 18.00 der Herrenbach gesperrt und abgelassen. Nachdem dies zu lange dauert wird die sofortige Baumfällungen vorbereitet.

Der Herrenbach wird am Mittwoch den 23.5.2018 abgelassen. Dann werden Kiesrampen gebaut und ein Antrag auf Artenschutzrechtliche Genehmigung bei der Regierung von Schwaben, gestellt nach dessen Vorliegen am 29.05.2018 34 Bäume gefällt werden können.

In einer eilends angesetzten Inforamtionsveranstaltung am Abend des 28.Mai 2018 klärt die Verwaltung ca. 200 aufgebrachte Bürger auf, weshalb die Fällung am folgenden Tag stattfinden wird.

Im Pfarrsaal von Dom Bosco geht es turbulent zu, mit Pfiffen und Buhrufen für die Vorträge der Referenten und Applaus für die Gegner der angesetzten Fällung.

Die Bürger fragen gezielt und qualifiziert nach. Die teils widersprüchlichen Aussagen der Verwaltung heizt die Stimmung weiter an, und verstärkt bei den Bürgern das Misstrauen in die geplante Fällaktion. Verunsichert, entsetzt, wütend und enttäuscht verlassen die Bürger die Veranstaltung.

Am Morgen des 29.Mai 2018 um 7:00 stehen sich protestierende Bürger und Fällmaschinen gegenüber. Polizei und Sicherheitkräfte versuchen die Bürger von der Straße zu bewegen.

Nachdem sich eine Fällmaschine an den Bürgern vorbei den Weg ins Kanalbett verschafft hat beginnen dort die Fällarbeiten

Fortsetzung folgt …

2 Kommentare

  1. Wotan Magg sagt:

    eine kulturschande in jeglicher hinsicht. undemokratisch, unwissenschaftlich, unmenschlich, naturfeindlich, ein städteplanerisches fiasko und politisch ein grabenbruch

  2. mike mayer sagt:

    lüge lüge lüge lüge lüge
    ver griblt
    ver erbelt
    verarschung!

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