DER KANAL (2-Verfahren) Juni/18

Das Wasserwitschaftsamt nimmt die DIN 19712 und ein Merkblatt, die den Hochwasserschutz von aufgeschütteten Flussdeichen beteffen zum Anlass, der Stadt zu raten, sämtliche Bäume  entlang des Kanals zu fällen. Die Stadt führt eine Katastrophenübung durch, dessen nicht nachvollziehbarer zeitlicher Ablauf die sofortige Fällung auslöst.

Wer den Anstoß für die Fällung jetzt gegeben hat ist unklar. Vermutlich geht die Initiative vom Tiefbauamt der Stadt Augsburg aus, für das die Bäume Jahrzehnte kein Problem waren, und das jetzt plötzlich eine Gefahr für Leib und Leben der Anwohner ausmacht.
Darauf angesprochen räumt der Umweltreferent „Versäumnisse” dahingehend ein, „dass man die Bäume wachsen ließ”.
Das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Donauwörth, hat eine entsprechende Mitteilung an die Stadt herausgegeben, nach der die Bäume bei Sturm eine Gefahr für die ca. 1,5m unter dem Kanalwassserspiegel liegenden Gebiete darstellt.

Dabei bezieht sich das WWA auf die DIN 19712 und das Merkblatt Nr.5.1/1 vom 1.2.1984. Die DIN 19712 (1997) definiert Flussdeiche, also Dämme aus Erd- und Baustoffen an Fließgewässern zum Schutz des Hinterlandes gegen Hochwasser, die nur bei Hochwasser beansprucht werden.

Nachdem es sich beim Herrenbach um einen niveaugeregelten Industriekanal handelt, dessen Zu und Ablauf über Wehrdurchflüsse (Schütze) bestimmt wird, tritt kein Hochwasserfall ein.

Die Sicherung des Herrenbachkanals erfolgt nicht über eine Deichanlage sondern ein Stahlbetongerinne. Die Standfestigkeit des Gerinnes muss baustatisch nachgewiesen werden. Die angeschüttete Böschung ist nicht als Deich im Sinne der DIN 19712 angelegt und erfüllt auch in keiner Weise eine Deichfunktion.

Das Merkblatt Nr.5.1/1 vom 1.2.1984 befasst sich, wie eine Querschnittsskizze zeigt nicht mit betonierten Industriekanälen sondern mit Hochwasserschutzdämmen und Deichanlagen, und ist demnach für den Fall Herrenbach nicht anzuwenden.

Insbesondere in Ortsbereichen fordert das Merkblatt dass ‚verstärkt gestalterische Gesichtspunkte einzubringen sind ….. und Dämme mit einer entsprechenden Bepflanzung Nahrungs-, Rast- und Brutplatz für freilebende Tierarten sowie Ausbreitungsband für bestimmte Pflanzenarten darstellen können..”
Diese Anforderungen erfüllt der Herrenbachkanal in vorbildlicher Weise.

Neben dem Argument, dass das Heranziehen der falschen DIN den Anlass für die Baumfällungen gab, sollte ein Ablassen des Kanals im „Katastrophenfall” untersucht werden.

Dazu wird laut Umweltreferent Erben am Samstag 19.5.2018 um 18.00 wegen einer Unwetterwarnung über das Hauptwehr am Hochablass und das Abzweigwehr an der Friedberger Straße der Herrenbach gesperrt und abgelassen.

Bei Schließen des Wehrs in den Hauptstadtbach am Hochablass sinkt der Wasserspiegel im Herrenbach auf die unproblematische Restwassermenge innerhalb von ca. 25Minuten. Laut Aussage von Herrn Erben dauerte die Absenkung bei der Katastrophenübung am 19.05.2018 aber 3 Stunden. Diese Zeitdauer löste die sofortige Fällung am 29.05.2018 aus.

Die folgende Abbildung zeigt die Kanäle im Bereich des Hauptstadtbachs. Rot umrandet ist die Verzweigung in Herrenbach und Kaufbach.

Laut Aussage von Baureferent Merkle in der Infoveranstaltung rührt der Zeitunterschied von 25Minuten zu 3 Stunden für die Absenkung daher, dass es sehr komplex sei, nur den Herrenbach abzusenken, da die anderen Kanäle die dann zusätzlich anfallende Wassermenge nicht aufnehmen könnten.

Gespräche mit Fachleuten haben folgendes ergeben:

Der Herrenbach hat eine Fließgeschwindigkeit von 21m³/sec., der Kaufbach von 14m3/sec. Der Hauptstadtbach also ca. 35m³/sec. Im „Notfall” muss am Hochablass der Einlauf in den Hauptstadtbach auf 14m³/sec. gedrosselt werden. In 25 Minuten verringert sich diese Fließmenge am Schütz zum Herrenbach, der dann in 5 Minuten auf die Restwassermenge gedrosselt wird. Der gesamte Prozess dauert also 30 Minuten. Dazu ist eine Notschaltung möglich, die den Prozess automatisch steuert. Der Schütz in den Herrenbach müsste nachgerüstet werden. Es geht um Kosten in Höhe von ca. 200.000 Euro.

Die Zeitangabe von 3 Stunden ist demnach falsch!

Zusätzlich wurde argumentiert, dass der Schütz vom Hauptstadtbach in den Herrenbach unsicher sei und man nicht sicher sein kann, ob er hält.

Abgesehen davon, dass es grobe Fahrlässigkeit ist, wenn Wehre baufällig oder unsicher sind, stellt sich die Frage der Verantwortung der Stadt, wenn Kinder im Kanalbett bei unsicherem Wehr spielen.

In der Informationsveranstaltung am 28.05.2018 wurde eine Karte des Wasserwirtschaftsamtes an die Wand geworfen, die am Herrenbach ein Überschwemmungsszenario gewaltigen Ausmaßes simulieren soll. Die Karte stellt aber lediglich das Hochwassserrisiko des Lechs mit weniger als 1 Mal in 100 Jahren dar.

Der Baureferent nannte eine Wassermenge von 30 Mio Liter, die sich in das gesamte Stadtgebiet ergießen würde und zur Lebensbedrohung der Anwohner führen würde. Eine Berechnung nur über den Stadtteil Herrenbach ergibt bei Dammbruch des Herrenbachs 7,2Mio Liter Wasser und 8cm Wasserstand.

2 Kommentare

  1. K. Brandl sagt:

    Es entsteht der Eindruck, dass die Stadtregierung in enger Abstimmung mit allen beteiligten Behörden eine Rechtfertigung konstruiert. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass eine solche Überschwemmungsgefahr von der Stadt Augsburg jahrelang tatenlos missachtet worden wäre. Was ist der wahre Grund für die übereilte Fällung?

  2. Angela sagt:

    Kurios finde ich den Hang von Behörden dazu private Empfehlungswerke, wie DIN Normen, zu zitieren, als seien es staatliche Gesetze, nach denen zwingend gehandelt werden muss. Nun sitzen dort nicht nur Volljuristen, aber der Unterschied muss bekannt sein, das setze ich als Bürger voraus. Was steckt also dahinter wenn plötzlich so eine DIN Norm ausgegraben wird – und dann auch die Stadt Augsburg plötzlich auftritt, als sei all das rechtlich geboten.
    Ich kapiere es tatsächlich nicht. Vielleicht wollte man lieber am Unterhalt des Kanals und Wehrs sparen, dann würde es sogar Sinn ergeben die Bäume zu fällen und den Nicht-Damm zweckentfremdet als quasi Damm zu betrachten, nachträglich. Wenn dieser Wunsch Vater des Gedanken wäre, dann wäre es logisch plötzlich mit einer alten DIN Norm aus den 80ern zu kommen um diese “Umwidmung” gleichsam durchzusetzen. Das ist die einzige Erklärung die ich mir zurecht reimen könnte!?

    Und teure Umgestaltung mit Architektenlyrik hat ebenfalls kein Bürger verlangt. Wieso fällt es Behörden manchmal so schwer einfach nichts zu tun, wenn man sich sonst gerne über Personalmangel, Geldmangel und Überforderung beschwert? Wieso sucht man sich dann ohne Not solch eine Beschäftigung und verärgert vollkommen vorhersehbar viele Bürger?

Ihr Kommentar

Bitte beachten: Bis zum Erscheinen Ihres Kommentares können einige Minuten vergehen.