TRAM IM TUNNEL

Auf ihrem Weg nach Pferrsee soll die Augsburger Tram in Zukunft tief in den Untergrund fahren – so stellen sich das die Stadtwerke Augsburg vor. Schon in der Halderstraße, auf Höhe der Hausnummer 18 (ehem. Fröschl) taucht sie ab (6% Gefälle), bis sie 12 Meter unter dem Bahnhof in die neue Haltestelle einfährt. Danach gehts wieder nach oben, wo sie an der Rosenaustraße wieder aus dem Tunnel kommt. Das ganze kostet viel Geld und hat viele Tücken!

Bei der Anhörung zur Planfeststellung am 9. Mai im Kolpingsaal saßen den “Experten” der Stadtwerke, des Tiefbauamtes, des Statplanungsamtes, der Bahn und die Planer ein Einwenderpuplikum gegenüber, das ihre Sorgen und Nöte vortrug.

Weil es für das was es leisten kann zu teuer ist, und es unsere Stadt und Stadtwerke finanziell belastet, was dann doch wieder die Bürger ausgleichen müssen (Strom, Wärme, Wasser, Streifenkarte), werden  Einwendungen auch vom Bund der Steuerzahler geführt. Dieser hatte das Projekt bereits 2009 in sein Schwarzbuch aufgenommen, wo alle Projekte landen, welche aus dessen Sicht Steuern verschwenden.

Viele Einwendung sind nicht gegen einen behindertengerechten Umbau des Hauptbahnhofs gerichtet, den schuldet die Bahn Kraft Gesetz ohnehin, auch nicht gegen eine gute Verknüpfung der Züge zum städtischen ÖPNV. Es geht vielmehr  um eine unsinnige, unwirtschaftliche und verfahrene Planung, deren Hauptmotiv es zu sein scheint, die DB zu ent- und unsere Stadt und den Bürger zu be-lasten. Dafür werden gravierende Nachteile und Mehrkosten in Kauf genommen.

Vorfestlegung statt ergebnisoffene Abwägung

Bei der Planfeststellung hat die Regierung von Schwaben die Aufgabe, eine ordentliche, unabhängige und ergebnisoffene Abwägung vorzunehmen. Insbesondere müssen bei der Planfeststellung verschiedenartige Varianten vorliegen aus denen die, in jeglicher Hinsicht objektiv beste Variante zur Ausführung kommt. Die Abwägung schließt sowohl betriebstechnische als auch wirtschaftliche Gesichtspunkte ein wie auch die Umweltverträglichkeit.

Bereits im August 2003 hat sich der Augsburger Stadtrat per Beschluss auf eine Unterfahrung mit Tramhaltestelle in der -2 Ebene festgelegt. Diese Lösung wurde, wie ein Prospekt der Stadtwerke aus 2003 belegt, schon damals von den Stadtwerken weiterverfolgt.

STWA-Prospekt zum Hbf aus dem Jahr 2003

STWA-Prospekt zum Hbf aus dem Jahr 2003

Am 3.11.2006 legte sich die Vorhabensträgerin (Stadtwerke Augsburg) in einer sogenannten Planungsvereinbarung vertraglich mit der DB auf diese Variante fest. Entgegen der Behauptung einer “STAWA-Expertin” in der Anhörung vom 09.05.2011, es seien in dieser Planungsvereinbarung nur die Planungsschritte festgelegt, beinhaltet die Planungsvereinbarung neben der Kostenverteilung im Textteil §2 genaue Angaben zu Art und Umfang der Maßnahme:

– Lage (-2 Ebene) der Unterfahrung und Tramhaltestelle
– Konstruktionsart
– Ausmaße der Tunnelbauwerke in Lichte und Weite
– Stützweiten, Bauhöhen usw.
– Rampenbauwerke an Halder- und Rosenaustraße
– Aufzüge und Fahrtreppen zu den Ebenen
– Bahnsteigdächer
– Abbrucharbeiten

Weiter sind dieser Planungsvereinbarung in Anlage 1 Pläne beigelegt, deren Planungsstand (02.06.2006) die genaue Ausführung beinhaltet, die der jetzigen Planfeststellung zu Grunde liegen und aus 11 Varianten „ausgewählt ” wurde (A1).

Insbesondere aufgrund der vertraglichen Festlegung mit der DB durch die Planungsvereinbarung wurde eine Variantenfestlegung vor ordentlicher Abwägung im Rahmen der Planfeststellung getroffen. Eine unvoreingenommene freie Variantenwahl war dadurch im Vorfeld durch vertraglichen Zwang nicht möglich.

Zwangsfestlegung auf Variante A1

Die der Planfeststellung zu Grunde liegende Variante A1 (entspricht der Planungsvereinbarung) wurde trotz „ relativ hoher Kosten in Bau, Betrieb, Er- und Unterhalt ” (Originaltext der Bewertung) allen anderen Varianten vorgezogen. Insbesondere deshalb, weil die Vorteile der Variante A1 bei anderen Varianten nicht eingearbeitet wurde, obwohl dies ohne weiteres möglich gewesen wäre.

Variante A1

Variante A1

Sehr deutlich wird das bei der Variante B4, mit der Tramhaltestelle in der Viktoriastraße, direkt vor dem Hauptbahnhof bei Weiternutzung des Pferrseetunnel.

Variante B4

Die in der Abwägung erläuterten Nachteile der Variante B4 gegenüber der Variante A1 können durch ähnliche aber wesentlich kostengünstigere Planveränderungen wie in A1 beseitigt werden:

  • Durch Heranrücken der Haltestelle an die Ostkante des Bahnhofsvorplatzes müssen die Fahrgäste Viktoriastraße nicht überquerung und der Autoverkehr wird durch die Tramführung nicht behindert.
  • Eine großzüge Überdachung der Haltestelle sowie eines unmittelbar angrenzenden Abstiegsbauwerkes mit Fahrtreppen und Aufzügen auf dem Bahnhofsvorplatz sichert den Wind und Wetterschutz.
  • Eine Verlängerung der Verteilerebene (-1) nach Osten an dieses Abstiegsbauwerk verkürzt die Wege zwischen Schiene und Tram und bietet einen wettergeschützten und barrierefreie Verbindung zu den Zügen.
  • Ein Verlängerung der Verteilerebene (-1) nach Westen sichert den barrierfreien und wettergeschützten Westzugang zum Hauptbahnhof (Gehwegtunnel).

Alle Vorteile im Variantenvergleich gegenüber der Variante A1 bleiben erhalten:

  • Ideale Erreichbarkeit der Haltestelle von Osten (City)
  • Ideale Erreichbarkeit der Haltestelle von Geschäften der Bahnhofstraße
  • Der barrierefreie Umbau der Mittelpassage kann unabhängig vom Straßenbahnprojekt von der DB umgebaut werden (Klare Kostentrennung)
  • Alle Freiheiten für eine Neugestaltung des BahnhofsvorplatzesWegfall der Straßenbahnhaltestelle Halderstraße
  • Verbleib der Haltestelle Rosenaustraße
  • Direkter Anschluss an Hübnerschleife
  • Direkte Nähe zu Haltestelle Linie 4 (P&C)
  • Ideale Abfertigung bei Großveranstaltungen (FCA, Messe) über Hübner-Schleife
  • Rosenaustraße und Bucheggerplatz bleiben frei von einer Straßenbahntrasse
  • Verzichtbarkeit der westlichen Entlastungstrasse
  • Kein negativer Einfluss auf Umwelt und Natur
  • Wesentliche Kosteneinsparung im Bau, Betrieb und Unterhalt
  • Wesentlich kürzere Bauzeit

Bei Verlegung der Haltestelle unter die Viktoriastraße erhöhen sich die Kosten durch Rampenbauwerke in der Halderstraße und Fröhlichstraße. Die Umsteigewege zu den Zügen werden zwar kürzer aber die oberirdische Erreichbarkeit der Tramhaltestelle, die kurzen Wege zum Regionalbus und die Kombination mit der Haltestelle Linie 4 vor P&C verschlechtert sich.

Damit wird deutlich, dass durch die Wahl der Variante A1 keine objektive Abwägung der 11 Varianten erfolgt ist. Hingegen werden neben den enormen Baukosten auch die Folgekosten für die STAWA (Unterhalt der Untergrundhaltestelle) hingenommen.

Weitere gravierende Nachteile der Variante A1 sind:

  • Wegfall der Haltestelle Pferrseerstraße
  • Umwegfahrten der Linie 6 durch die Pfersseer Unterführung
  • Unübersichtliche Haltestellensituation am Hbf durch oberirdischen Haltestelle der Linie 4 und unterirdische Haltstelle der Linen 3 und 6
  • Keine Abfertigung bei Großveranstaltungen über die Haupthaltestelle Hbf
  • Lange Wege zum Regionalbus

Fußgängertunnel vom Bucheggerplatz zur Haltestelle unter dem Bahnhof

Querschnitt kombinierter Tram- und Fußgängertunnel

Querschnitt kombinierter Tram- und Fußgängertunnel

Der Gehwegtunnel vom Bucheggerplatz in die Verteilerebene unter den Zügen verläuft im Gegengefälle parallel neben der Tramlinie. Dadurch ergibt sich eine Rampenüberschneidung die in Tunnelmitte bereits auf Höhe der Stromabnehmer der Straßenbahn, und im weiteren Verlauf auf Höhe des Fahrdrahtes liegt. Mit zunehmender Länge des Gehwegtunnels sieht der Fußgänger die Tram von oben und wird zwischen Tunneldecke und Gehwegbelag eingequetscht (Höhe 2,5m)!!

Zugang zum Fußgängertunnel über Brandtüre mit Aufzug und Fahrtreppe

Zugang aus Verteilerebene zum Gehwegtunnel
Zugang aus Verteilerebene zum Gehwegtunnel

Der Zugang vom und in den Fußgängertunnel zum Bucheggerplatz aus der Verteilerebene erfolgt über eine Brandtüranlage und ist halb verdeckt von einem Aufzugschacht. Dieser steht auch den weiteren Zugang zur Fahrtreppe im Weg.

Rampe Halderstraße

Rampe Halderstraße

Rampe Halderstraße

Die Rampenlösung an der Halderstraße zur Variante A1 hat gravierende Nachteile für den MIV, die Erreichbarkeit des Bahnhofparkauses und die Zufahrt zur künftigen Ladehofentlastungsstraße. Die Wendeschleife der Linie 4 muss mehrfach überquert werden und blockiert dazu noch die Zufahrt zur Ladehofstraße von Osten. Im weiteren Verlauf der Halderstraße muss das südliche Schienenpaar wieder quer über die Straße nach Norden signalgesteuert verschwenkt werden.

Trassenführung Rosenaustraße

Trasse Rosenaustraße

Trasse Rosenaustraße

Die Führung der Straßenbahntrasse auf der Rosenaustraße und deren Einmündung in die Pferrseerstraße sowie in die Pferrseer Unterführung blockiert den MIV in alle Richtungen und sorgt auf dieser Kreuzung für totale Verwirrung! Der Wegfall der Straßenbahnhaltestelle Pferrseerstraße führt zu längeren Wegen für des gesamten Thelottviertel.

Keine Leistungsfähigkeit der neuen Haltestelle unter dem Hbf

Bei Großveranstaltungen auf dem Messegelände oder im FCA-Stadion soll vor allem die Haltestelle unter dem Hbf für eine ideale und bequeme Umsteigemöglichkeit zwischen den Nah- und Fernverkehrszügen und dem städtischen ÖPNV, hier besonders auf die Linie 3 in den Süden der Stadt (Messe, Arena) sorgen. Dies sind jedenfalls die Argumente der Stadtwerke für diese kostspielige Lösung am Hauptbahnhof.

Durch das Fehlen einer Wendeschleife am westlichen Tunnelmund (Bucheggerplatz) kann die Haltestelle unter dem Bahnhof aber nicht für die Abwicklung großer Stossverkehre herangezogen werden, weil die Straßenbahnen hierfür in kurzen Abständen (Takt 0.5 – 1 Minute) verkehren muss um viele Fahrgäste schnell vor Ort zu bringen.

Bei der vorliegenden Variante A1 müssten rechtzeitig vor Ereignisbeginn die zur Beförderung notwendigen Straßenbahnzüge erst nach Stadtbergen geschickt werden um dort zu wenden und dann im entsprechenden Kurztakt von Westen (Bucheggerplatz) her in die Haltestelle unter den Bahnhof einfahren.

Diese würde die Augsburger Straßenbahnflotte über lange Zeit an diese Relation binden, dass der normale Linienverkehr nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.

Auf diesen Umstand angesprochen hat der verantwortliche Sprecher der STAWA in der Abhörung erklärt, dass schon heute solche Großveranstaltungen über die Hübnerschleife, also oberirdisch am Bahnhof sehr erfolgreich abgefertigt werden. Dies soll auch künftig so geschehen.

Die mehr als berechtigte Frage ist nun, wozu dann eine derartig aufwendige Lösung unter dem Bahnhof dienen soll, wenn heute und in Zukunft hohe Kapazitäten nur über bereits vorhandene Infrastrukturen abgewickelt werden können.

Neue Planung: Wendeschleife unter dem Rangierbahnhof

Offensiv gehen die Stadtwerke nun dieses Problem an: Wie am 24.05.2011 der AZ zu entehmen ist, plant die Stadtwerke nun eine komplett unterirdische Wendeschleife unter dem Rangierbahnhof. Ein solches Bauwerk mit 60m Durchmesser kostet viel Geld und tauchte bisher nicht in der Standardisierten Bewertung der MDA, in keiner Wirtschaftlichkeits- und keiner Finanzberechnung auf.
Ca. 8 Mio wollen die STAWA dafür ausgeben. Woher das Geld kommen soll, hat noch keiner mitgeteilt!

Projekt ohne Förderung unwirtschaftlich!

In der Anhörung bestätigte Norbert Walter seine Aussage aus dem Jahre 2003, in der er die heutige Lösung aus betriebswirtschaftlichen Gründen ablehnte weil dafür der Fahrgastzuwachs nicht nachweisbar ist! Er argumentiert dahingehend, dass damals die Förderzusage nicht vorlag und begründete seine heutige positive Haltung damit, dass durch die hohe Förderrate von 83% das Projekt wirtschaftlich werde.

Dies ist eine absurde Umkehrung der Förderrichtlinien die so ausgelegt sind, dass nur wirtschaftliche Projekte gefördert werden dürfen und es nicht so ist, dass erst durch hohe Fördermittel Projekte wirtschaftlich werden.

V. Schafitel, Architekt

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